Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, oben links ein Schild mit der Jahreszahl 1975
1975

„Mehmet Berlin’de. Mehmet kam aus Anatolien“

Mit dem Anwerbestopp 1973 verändert sich die Thematisierungsweise des Migrationsdiskurses: Sie verschiebt sich vom „Gastarbeiter*innenproblem“ zum „Integrationsproblem“. Gleich mehrere Ausstellungen wollen sich dieser „Integrationsproblematik“ annehmen. Hierbei nimmt die Ausstellung „Mehmet Berlin’de. Mehmet kam aus Anatolien“ eine Sonderstellung ein. Sie stellt Überlegungen zu der ökonomischen, politischen und kulturellen Lage der Türkei an, zusammen mit türkischen Künstlern, Musikern und Autoren.

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, oben links ein Schild mit der Jahreszahl 1976
1976

Kunstdiebstahl für türkische Einwanderer*innen in West-Berlin?

Ulays "Da ist eine kriminelle Berührung in der Kunst" stellte die Autorität der deutschen Kulturinstitutionen in Frage, indem sie auf deren Verwicklung in die gesellschaftliche Ausgrenzung von Einwanderer*innen aufmerksam machte. Achtunddreißig Jahre nach Ulays Kunstraub formulierte der Künstler Aykan Safoğlu eine künstlerische Intervention als Reaktion auf die Aktion.

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Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, oben links ein Schild mit der Jahreszahl 1976
1976

Ganslmayr und die moralische Verpflichtung zur Restitution

Mit Herbert Ganslmayr setzte sich 1976 der erste deutsche Museumsdirektor offen für die Rückgabe von Objekten aus kolonialen Kontexten ein. Bereits in den Jahren zuvor waren deutsche Museumsdirektoren immer wieder mit Rückgabeforderungen in Berührung gekommen, doch hatten die Völkerkundemuseen solche Anfragen bislang äußerst diskret behandelt und klar abgelehnt. In der deutschen Museumsethnologie wurde das Engagement des Bremer Kollegen als Alleingang wahrgenommen und erzeugte heftigen Gegenwind.

Im Hintergrund: geöffnete Aktenschränke, aus denen Papiere fliegen und eine Uhr. Im Vordergrund: ein Schild "1977"
1977

Künstlerinnen international 1877-1977

Künstlerinnen international 1877-1977 ist die erste größere Ausstellung in Deutschland, die nur Kunst von Frauen zeigte. Diese Künstlerinnenausstellung war eine Intervention in die Ausstellungspraxis ihrer Zeit, in der Künstlerinnen in den Ausstellungen deutscher Museen aber auch weltweit massiv unterrepräsentiert waren. Mittlerweile liegt die Ausstellung über 45 Jahre zurück, dennoch hat sie Fragen aufgeworfen, die heute noch relevant sind und von den Rändern des Kulturbetriebs gestellt werden.

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr, unten links ein Schild mit der Jahreszahl 1978
1978

Peter Radtke – Einbruch der Realität ins Theater

1978 stand Peter Radtke, einer der bis heute sicherlich bekanntesten behinderten Schauspieler aus dem deutschsprachigen Raum, das erste Mal auf der Bühne. Er durchbrach damit eine Art Schallmauer für Schauspieler*innen mit Behinderung. Dennoch folgte ihm lange kein Mensch mit Behinderung auf die großen deutschen Bühnen nach. Es mussten nochmal ca. 25 bis 30 Jahre vergehen, bis vereinzelte Schauspieler*innen mit (Körper)Behinderung auf städtischen deutschen Bühnen zu sehen waren. Warum?

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, unten links ein Schild mit der Jahreszahl 1979
1979

Im Hinterhof der Neuen Kulturpolitik

Die Stärkung von Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen als Publikum öffentlich geförderter kultureller Angebote ist seit Jahrzehnten Kernaufgabe von Kulturpolitik und Kulturvermittlung – unabhängig von Einkommen und Freizeitbudget, von Herkunft und vermeintlichen Voraussetzungen wie Vorwissen und formaler Bildung. Dieser Text versucht, die etablierten und in der Mehrheitsgesellschaft akzeptierten Bezugspunkte für eine demokratische und teilhabeorientierte Kulturpolitik zu skizzieren. Denn auch heutige Versuche der Diversifizierung beziehen sich auf die Losung „Kultur für alle“.

geöffnete Aktenschränke, Uhren, Papiere, ein Schild mit der Jahreszahl 1980
1980

Das Türkische Ensemble. Versuche eines migrantischen Theaters

1980 wurde „Giden Tez Geri Dönmez“ („Reisende kehren nicht wieder zurück“) in Berlin uraufgeführt. Die Produktion war ein Meilenstein und begründete ein neues Projekt innerhalb des Theaters: das Türkische Ensemble. Zu einer Zeit, in der die türkische Kulturproduktion in Westdeutschland langsam an Sichtbarkeit gewann, war das Projekt ein einzigartiger Versuch, ein großes türkischsprachiges Theater in Berlin zu entwickeln. Ein Blick auf die Geschichte des Projekts gibt uns einen Einblick in die Erwartungen, die damals an die kulturelle Produktion von Migrant*innen gestellt wurden, und die Schwierigkeiten, mit denen diejenigen konfrontiert waren, die sich dafür einsetzten, ihr in Deutschland Raum zu verschaffen.

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geöffnete Aktenschränke, aus denen Papiere fliegen, eine Uhr, ein Schild mit der Jahreszahl 1981
1981

„Ich klage an“ – Der Filmemacher Sohrab Shahid Saless

1981 schreibt der Drehbuchautor und Regisseur Sohrab Shahid Saless den Text „J‘accuse. Notizen im Exil“ und klagt die Ausschlussmechanismen der deutschen Filmindustrie an. Saless gilt als Impulsgeber des modernen iranischen Kinos. Obwohl seine Filme in Deutschland mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet werden, bekommen sie weniger Aufmerksamkeit als die Werke deutscher Regisseure mit gleichem Themenbezug. Wer war dieser Filmemacher, der entgegen aller Widerstände seine Kritik an der deutschen Gesellschaft und Filmbranche so klar äußerte?

geöffnete Aktenschränke, aus denen Papiere fliegen, eine Uhr, ein Schild mit der Jahreszahl 1981
1981

„Lachen aus dem Ghetto“ – der Polynationale Literatur- und Kunstverein

Der 1981 gegründete Polynationale Literatur- und Kunstverein versammelte Autor*innen und Künstler*innen mit Migrationserfahrung, deren Texte, Grafiken und Illustrationen die Veränderungen in den Ausländergesetzen, der Gesellschaft und den literarischen Produktionsbedingungen thematisierten.
Für die Schriftsteller*innen ist es zu dieser Zeit nur in absoluten Einzelfällen möglich in deutschen Zeitschriften und Anthologien zu veröffentlichen. Übersetzungen sind zu kostspielig und werden nicht von Förderungen abgedeckt – ohnehin wird das Schreiben als unangemessene Tätigkeit für „Ausländer“ betrachtet.

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, oben links ein Schild mit der Jahreszahl 1982
1982

Stern.Zeichen – Schwule Theaterszene auf der großen Bühne

Anfang der 1980er Jahre traf sich in Frankfurt die schwulenbewegte Theaterszene der BRD. Jeweils zwischen Weihnachten und Neujahr 1982 und 1983 fand dort das Festival „Stern.Zeichen“ statt, das im Untertitel „Homosexualität im Theater“ hieß. Diese beiden Festivals bildeten den glamourösen Schlusspunkt einer genuin bundesdeutschen schwulen Theaterkultur, die aus der westdeutschen Schwulenbewegung der 1970er Jahre heraus entstanden war, und die sowohl anklagend, aufklärend als auch lustvoll war.

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr, unten links ein Schild mit der Jahreszahl 1983
1983

Theaterskandal in Bad Hersfeld – die Proteste des Regisseurs Imo Moszkowicz

1983 sollte der jüdische Regisseur und Schoahüberlebende Imo Moszkowicz bei den Bad Hersfelder Theaterfestspielen inszenieren - während zeitgleich mit seinen Proben das Treffen einer ehemaligen SS-Gruppe in Bad Hersfeld geplant war. Trotz des Zuspruchs, den Moszkowicz erfuhr, bedeutete der Hersfeld-Skandal für ihn eine tiefe Krise und erschütterte offenkundig sein Selbstverständnis als Jude in Deutschland.

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, unten links ein Schild mit der Jahreszahl 1984
1984

Kleine Schritte in die Einwanderungsgesellschaft

In den 1970er Jahren entstanden in der Bundesrepublik selbstorganisierte Vereine zugewanderter Menschen, die auch Kulturveranstaltungen organisierten. Sie wurden aber weder in der Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen noch wurden kulturpolitische Förderstrukturen geschaffen, dieses Engagement zu unterstützen. Dieser Artikel geht auf eine Spurensuche nach den Anfängen kulturpolitischer Kooperationen zur Gestaltung der Realität (West-)Deutschlands als Einwanderungsland.

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, oben links ein Schild mit der Jahreszahl 1987
1987

Zwischen Ausländerkultur und Kulturpolitik

Das 750jährige Stadtjubiläum Berlins sollte 1987 pompös gefeiert werden. Inmitten der Planungen zur 750-Jahrfeier regte die Akademie der Künste an, auch einen Beitrag mit in Berlin ansässigen türkeistämmigen Künstler*innen und Kulturtätigen ins Programm aufzunehmen. Ausgestattet mit umfangreichen Mitteln durch den Berliner Senat begann ein dreijähriger Prozess der gemeinsamen Ausstellungs- und Festivalkuration zwischen der Akademie der Künste unter Beteiligung türkeistämmiger Künstler*innen und Kulturtätiger West-Berlins — und endete 1986 im Scheitern dieses Kooperationsversuchs.

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, oben links ein Schild mit der Jahreszahl 1988
1988

Die Sirene — ein Gespräch über das literarische Archiv der Migration

Von 1988 bis 1999 erschien „Die Sirene – Zeitschrift für Literatur“, die – ungewöhnlich für ihre Zeit –, das Ziel verfolgte, nationale Debatten zu transzendieren und Literatur global zu denken. Die Zeitschrift legte einen Fokus aufs Übersetzen und druckte einige große literarische Stimmen, bevor sie bekannt waren. Deniz Utlu spricht mit Deniz Göktürk darüber, wie sie die Zeit erlebt hat, in der die Sirene erschien, und was ihre Beobachtungen waren.

Aus geöffneten Aktenschränken fliegen Papiere, eine Uhr und eine Sanduhr deuten auf das Verstreichen von Zeit hin
1996

Umkämpfte Erinnerung. Cemal Kemal Altuns Gedenkstein in der Hardenbergstraße

Die (Un)Sichtbarkeit von Migrationsphänomenen im öffentlichen Raum macht deutlich, wie eng öffentliche Erinnerungsprozesse mit nationalen Identitätspolitiken verknüpft sind. Was von wem und für wen öffentlich erinnert wird, gilt als Ausdruck von staatsbürgerlicher beziehungsweise kultureller Zugehörigkeit. Die Errichtung des Gedenksteins für Cemal Kemal Altun ist vor diesem Hintergrund eine Errungenschaft. Denn Altuns Geschichte trifft mitten in den Kern des Ringens um eine neue deutsche Identität in den 1980er und 1990er Jahren.

Joaquin La Habana tanzt auf dem Karneval der Kulturen
1997

Karneval der Kulturen – Joaquín La Habana im Gespräch mit Eike Wittrock

Vor über 40 Jahren zog Joaquín La Habana für ein Engagement mit dem Travestie-Ensemble „Chez Nous” nach Berlin und ist seitdem eine feste Größe in der queeren Szene dieser Stadt (und darüber hinaus). In den neunziger Jahren hat Joaquín an den ersten Ausgaben des Karneval der Kulturen mitgewirkt und war auf Postern und Zeitschriftencovern eine kurze Zeit so etwas wie das Gesicht des Karnevals.

Archiv mit geöffneten Schubladen, zwei Uhren, Zeitungsartikel, im Hintergrund ein Schild 2005
2005

Projekt Migration. Ausstellung, Experiment, Blick auf die Welt

Das Projekt Migration, ein vierjähriges künstlerisches Forschungsprojekt und die gleichnamige Ausstellung, war ein Ereignis, ein Experiment und eine Lebensaufgabe. Es wollte ein "neues Verständnis der Migration schaffen" und einen Paradigmenwechsel einleiten, wie die Gesellschaft in Deutschland über Migration und Migrant*innen denkt. Außerdem hatte es das Ziel, den Grundstein für eine Institution der Migration in Deutschland zu legen.

Aktenschränke mit geöffneten Schubladen, aus denen Zettel fliegen, eine Uhr und ein Stundenglas, oben links ein Schild mit der Jahreszahl 2006
2006

„Das achte Feld“ – die Erosion von Geschlechteridentitäten

Als die großangelegte Kunstausstellung „Das achte Feld“ im Museum Ludwig 2006 eröffnet, blickt Kurator Frank Wagner auf eine spannungsreiche Zeit zurück. Einerseits werden „schwule“ Filme wie „Brokeback Mountain“ und „Capote“ mit Oscars ausgezeichnet, andererseits ruft der Papst gegen die „Schwulen-Ehe“ auf und christlich-konservative Parteien gewinnen Wahlen mit homophoben Parolen. Zwischen den emanzipatorischen Errungenschaften und deren permanenter Gefährdung ereignet sich die Ausstellung „Das achte Feld“.