Cripping Up
[ˈkɹɪpɪŋ ˈəp]
Cripping Up
Als Cripping Up wird eine Schauspielpraxis bezeichnet, bei der nichtbehinderte Schauspielende Rollen mit Behinderung übernehmen. Die Praxis wird von weiten Teilen der Behindertenbewegung und darüber hinaus als diskriminierend bewertet, ist jedoch in der Theater- und Filmbranche noch weit verbreitet.
Einer der zentralen Kritikpunkte an Cripping Up ist die Vergabe behinderter Rollen an nichtbehinderte Schauspielende. Die ohnehin begrenzten beruflichen Möglichkeiten für behinderte Schauspielende werden dadurch erheblich eingeschränkt. Während Schauspielenden ohne Behinderungen ein vielfältiges Angebot an Rollen zur Verfügung steht, sind behinderte Schauspielende häufig auf die wenigen spezifischen Rollen angewiesen. Denn Schauspielenden ohne Behinderungen wird grundsätzlich zugestanden, jede Rolle verkörpern zu können, unabhängig von ihren persönlichen Erfahrungen, körperlichen oder kognitiven Voraussetzungen. Hingegen wird behinderten Schauspielenden diese Fähigkeit häufig abgesprochen. Es besteht folglich eine strukturelle Benachteiligung behinderter Schauspielender.
Trotz dieser Kritik ist Cripping Up immer noch ein gängiges Vorgehen in den Darstellenden Künsten. Nichtbehinderte Schauspielende erhalten zudem häufig große Anerkennung und Auszeichnungen für ihre Leistung, da die Verkörperung behinderter Rollen als besonders herausfordernd angesehen wird. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Film „Die Entdeckung der Unendlichkeit“, in dem der Schauspieler Eddie Redmayne den Physiker Stephen Hawking spielt. Redmayne erhielt für die Rolle einen Oscar als bester Hauptdarsteller.
Kritik gibt es auch an der Art und Weise, wie nichtbehinderte Schauspielende Rollen mit Behinderungen spielen. Cripping Up birgt das Risiko stereotyper Darstellungen und damit der Reproduktion ableistischer Narrative. Die komplexen gelebten Erfahrungen behinderter Menschen werden größtenteils nicht angemessen erfasst und körperliche sowie kognitive Abweichungen der vermeintlichen Norm werden häufig überzogen und klischeehaft dargestellt. Dieses Risiko ist besonders groß, wenn auch „hinter den Kulissen“ keine Künstler*innen und Kulturtätige mit Behinderungen arbeiten, also wenn beispielsweise das Stück aus einer nichtbehinderten Perspektive geschrieben wurde oder im Produktionsteam keine Menschen mit Behinderung arbeiten.
Das An- und Ablegen von Behinderungen wie ein Kostüm und die Vereinnahmung behinderter Identitäten für kommerzielle Zwecke wird seitens der Behindertenbewegung und Verbündeter auch als kulturelle Aneignung aufgefasst.