Im Interview mit Lisa Scheibner erzählt Silvia Gegenfurtner darüber, wie sie sich als Trainerin mit Diskriminierungserfahrung vor unangenehmen Situationen im Workshop schützt und warum ihr die Interaktion mit Teilnehmenden wichtig ist. 

 

Das Gespräch fand zweisprachig statt (in Deutscher Gebärdensprache und Lautsprache) und wurde verdolmetscht.

 

Lisa: Hallo Silvia, schön, dass wir das Gespräch führen können! In dieser Handreichung geht es darum, Antidiskriminierungstrainer*innen Tipps zu geben, was sie in ihrer Arbeit beachten können, wenn sie für den Kulturbereich arbeiten wollen. Du hast bei Diversity Arts Culture und auch im Kulturbereich schon mehrere Workshops gemacht. Gibt es Erfahrungen oder Herausforderungen, die du besonders im Kulturbereich beobachtet hast?

 

Silvia: Hallo Lisa, ich freue mich! Bei Antidiskriminierungstrainer*innen ist es so, dass sie die Erfahrung erst dadurch bekommen, dass sie auf die Nase fallen. Und natürlich ging es mir auch so. Ich bin auch immer wieder mal gegen die Wand gerannt und habe gemerkt, welche Dinge ich ändern und anpassen muss. Hierzu fällt mir eine Sache ein. Das war bei einer Veranstaltung von euch, es ging in verschiedenen Vorträgen um Barriereabbau. In meinem Teil habe ich verschiedene Künstler*innen aus der Tauben Community vorgestellt, habe Kunstformen wie Visual Vernacular und ABC-Stories dargestellt. Und es ging auch um das Thema Musikperformance durch Taube Künstler*innen, die Lieder von hörenden Musiker*innen in Gebärdensprach-Poesie performen. Super spannend war, dass die hörenden Teilnehmenden sich sehr fokussiert haben auf diese Musik. Dass passiert öfter bei hörenden1 , dass da die Adaption irgendwie fehlt. Da ging es dann gar nicht mehr darum: Was ist eigentlich die Taubenkultur? Kunstformen wie Visual Vernacular oder ABC-Stories werden gar nicht beachtet und sind offenbar nicht interessant für hörende, die sich auf die Musik-Performances, das sogenannte Musik-Dolmetschen einschießen. Das finde ich auffällig.

 

Lisa: Kulturschaffende sehen sich selbst ja oft so, dass sie kreativ und offen und interessiert an allem möglichen sind. Und was du gerade beschrieben hast, ist, dass du ihnen eigentlich eine neue, sehr eigene Kunstform vorstellst, von der sie vielleicht noch niemals vorher erfahren haben. Aber sie wissen überhaupt nicht, was sie damit anfangen sollen, und fragen immer nur: Wie kann Musik «übersetzt» werden? Da besteht ein Widerspruch zwischen dem, wie sie sich selbst wahrnehmen, als total interessiert, und dem, dass sie sich eigentlich auf das beschränken, was sie schon kennen.

 

Silvia: Genau darum geht es.

 

Lisa: Gab es ansonsten Fragen, die speziell Leute im Kulturbereich immer haben? Vielleicht etwas, wie: «Wie binden wir DGS am besten in unsere Veranstaltung ein»?

 

Silvia: «Wie sieht der Kontakt zur Tauben Community aus? Wie kann ich das Taube Publikum erreichen?» Oft besteht die Erwartung, dass wenn Dolmetschende eingesetzt werden oder das Angebot sozusagen für Taube Menschen konzipiert ist, dass sie dann Schlange stehen vor den Institutionen. Aber es ist nicht genug, einfach nur eine*n Dolmetscher*in auf die Bühne zu stellen. Und ich glaube, da kann ich sehr gut an das Konzept PPPZ [Personal, Programm, Publikum, Zugänge] anknüpfen, womit ihr ja auch arbeitet.2 Das ist für mich unglaublich zutreffend, weil da auf verschiedenen Ebenen versucht wird, eine (marginalisierte) Community als Publikum zu erreichen und es darum geht, dass auch Personal aus marginalisierten Communities eingestellt wird.

Das ist eine Frage von Geld und Zeit und eine Frage davon, wie der Prozess abläuft und gleichzeitig kein Tokenism betrieben wird. Wenn mich zum Beispiel ein Museum beauftragt, zwei Stunden einen Workshop zu geben, wie gut mit Tauben Menschen umgegangen werden kann, dann wird oft erwartet, dass das in zwei Stunden umfassend abgehandelt wird. Damit man dann einen Haken dahinter setzen kann und gut ist. Zwei Stunden später sind die Leute oft erst mal sprachlos und stehen mit großen Fragezeichen da und merken: «So tief geht die ganze Materie!», und müssen das erst mal verdauen. Mir ist aufgefallen, dass bestimmte Diskriminierungsformen eher gesehen und gesellschaftlich beachtet werden, weil das Wissen darüber schon größere Verbreitung gefunden hat. Das ist auch eine Frage von unterschiedlichen Dominanzstrukturen innerhalb der Gesellschaft: Was ist sichtbarer? Ableismus oder Audismus sind oft Themen, wo Leute denken, sie müssen nur dies und das berücksichtigen und dann ist gut.

 

  • 1hörend/e wird auf Wunsch von Silvia Gegenfurtner klein geschrieben, da es sich im Gegensatz zu der Benennung Taub um keine politische empowernde Selbstbezeichnung, sondern um die konkrete Benennung einer privilegierten Positionierung handelt.
  • 2Mehr zu PPPZ in der Studie: Handlungsoptionen zur Diversifizierung des Berliner Kultursektors. Citizens For Europe/Vielfalt entscheidet (2016). Online unter: https://vielfaltentscheidet.de/wp-content/uploads/2017/04/Final-f%C3%BC…. S. 13 ff.
Wenn Dolmetschende eingesetzt werden, besteht oft die Erwartung, dass Taube Menschen dann Schlange stehen.

Lisa: Wie gestaltest du Workshops so, dass verschiedene Diskriminierungsdimensionen einbezogen und auch ihre intersektionalen Verbindungen klar werden? Wenn du einen Workshop zu Audismus gibst, machst du dir gleichzeitig die Mühe, auch auf Rassismus einzugehen oder auf verschiedene Formen von Ableismus. Welche Gedanken hast du dir dazu gemacht, wie du verschiedene Arten von Diskriminierung ansprechen willst?

 

Silvia: Für mich ist die Grundlage, zu wissen, dass es verschiedene Formen von Diskriminierung gibt. Klar hat der Workshop Audismus als Schwerpunkt. Also zum Beispiel: Es geht um das Thema Audismus, dessen Entstehung, und dazu gibt es Aussagen von verschiedenen Personen, die ich dann als Zitat zeigen würde. Da würde ich versuchen, verschiedene Perspektiven mit einzubringen, eben nicht nur die Aussage von einer weißen cis-hetero Person, sondern eben auch von Personen, die unterschiedlich positioniert sind und nicht nur Taub sind. Es gibt auch bestimmte Kontexte, da passt eine Übertragung. Verschiedene Diskriminierungsformen können nicht miteinander verglichen werden, aber es gibt spezifische Parallelen. Das versuche ich mit einzubauen. Das ist auch abhängig davon, welche Teilnehmenden bei diesen Workshops sind. Vielleicht sind auch Teilnehmende mit eigenen Diskriminierungserfahrungen dabei, vielleicht kann ich das auch mit einbeziehen.

 

Lisa: Kannst du Trainer*innen, die noch nicht so viel Erfahrung mit dem Leiten von Antidiskriminierungsworkshops haben, einen Tipp geben, wie sie ihre Arbeit intersektionaler denken können?

 

Silvia: Für mich ist es bei einem Workshop wichtig, sich mit den Grundlagen von Intersektionalität zu beschäftigen, in verschiedensten Formen. Dazu gibt es auch unterschiedliche Artikel oder Literatur. Es ist sehr wichtig, dass ich meine eigene Positionierung klar habe. Wenn das geklärt ist für mich, dann kann ich daran anknüpfend auch immer von mir ausgehen und immer von meiner eigenen Position aus gebärden. Und dann komme ich auch nicht so schnell dahin, über andere zu gebärden. Ich bin nicht negativ betroffen von Rassismus oder Transfeindlichkeit, deshalb wäre es fehl am Platz, über die Erfahrungen von anderweitig marginalisierten Menschen zu gebärden. Mir ist sehr daran gelegen, bei den Formulierungen darauf zu achten, von welcher Position aus ich über wen gebärde und eben nicht über Menschen zu gebärden, ohne dass sie dabei sind, und dennoch auf andere Diskriminierungsformen einzugehen. Wenn ich andere Diskriminierungsformen schildere, dann achte ich darauf, nicht die Gefühle, nicht die emotionalen Erfahrungen der Leute zu nennen, weil ich nicht betroffen bin. Das ist oft eine Gratwanderung, bei der ich gucken muss, wo die Grenze liegt. Ich bin auch teilprivilegiert und habe Glück in dem Sinne, dass ich als Tauber Mensch einen guten Zugang zu Texten und Literatur habe. Dadurch erschließt sich mir einiges, denn durch Workshops funktioniert das für mich nicht, weil ich an denen oft nicht teilnehmen kann. Und ich habe auch das Glück, dass mein Freund*innenkreis recht divers ist.

Was passieren kann, wenn Trainer*innen neu anfangen und sich mit diesen ganzen Themen noch nicht beschäftigt haben, dass sie über andere gebärden, moralisieren, pathologisieren und kulturalisieren. Dann kann es passieren, dass Stereotype reproduziert werden im Gebärden über die anderen und das ist problematisch. Das passiert sehr häufig, weil ich das Wissen ja auch als Trainer*in erst mal verarbeiten muss. Was benutze ich eigentlich selbst für eine Sprache, zum Beispiel? Dadurch, dass ich als Taube Person von Diskriminierung betroffen bin, gebärde ich natürlich davon. Aber ich bin auch als Frau* von Sexismus betroffen und als queere Person von Queerfeindlichkeit. Ich werde von diesen drei unterschiedlichen Deprivilegierungen sehr beeinflusst. Das Taubsein beeinflusst mich in meinem Alltag, in meinem Leben am meisten, was Auswirkungen auf mich als queerer Mensch hat, weswegen meine Erfahrungen auch intersektional geprägt sind. Es geht ja nicht nur um die eine Diskriminierungsform.

 

Lisa: Gibt es methodische Ansätze oder Strategien, die du weniger erfahrenen Workshopleitenden empfehlen würdest? Hast du dir selbst Methoden oder Strategien angeeignet für deine Workshops, die dir helfen?

 

Silvia: Gruppenarbeit! Weil das einfach heißt, dass ich eine Pause habe in diesen Momenten. Diese Zeit kann ich nutzen, um ein bisschen aufzutanken und um zu gucken, ob der Zeitplan geändert werden muss, ob alles so stimmt. Ich erinnere mich an den ersten Workshop, den ich bei Diversity Arts Culture gemacht habe: Der war komplett frontal. Da war ein bisschen Diskussion mit drin, aber ich war durchgehend involviert und das war unfassbar anstrengend! Das mache ich überhaupt nicht mehr so, da habe ich meine Art, einen Workshop aufzubauen, komplett geändert. Vor Corona habe ich zum Beispiel auch Speed Dating als Methode geliebt. Davon bin ich großer Fan, weil da die Teilnehmer*innen noch mal ganz anders miteinander ins Gespräch kommen können. Oder Fragen, die sie intuitiv beantworten sollen oder wo sie ihren Wissensstand zu bestimmten Themen intuitiv beurteilen. Bei euren Workshops kommen Kulturschaffende aus den unterschiedlichsten Institutionen in den Workshop, haben zum Teil vielleicht mal zusammengearbeitet, aber kennen sich oft auch nicht. Aber wenn ich von anderen Institutionen beauftragt werde, wo alle sich kennen, weil sie an der gleichen Spielstätte arbeiten, dann können große Spannungen innerhalb der Gruppe sein. Ich merke, dass die Teilnehmenden persönliche Themen miteinander oder vielleicht sogar Konflikte miteinander haben, die sie in den Workshop mitbringen. Da weiß ich oft nicht, wie ich damit umgehen soll. Noch dazu haben die durch die Sprache eine ganz andere Art der Kommunikation als ich, da weiß ich oft gar nicht, wie ich sie erreichen kann. Ich muss mir also selbst vorher bewusst machen: Welche Gruppe kommt da eigentlich in meinen Workshop? Wer arbeitet mit wem
zusammen? Und wer hat mich eigentlich genau beauftragt? Wichtig ist auch, in den ein, zwei Tagen vor dem Workshop gut zu essen. So banal es scheint, aber das hilft mir total, denn dann bin ich am Workshoptag wach und fit, energiegeladener. Sich auch gutes Essen mitnehmen, und Klamotten anziehen, in denen ich mich wohlfühle. Ersatzklamotten für den Fall, wenn ich total durchgeschwitzt bin. Als ich angefangen habe, Workshops zu geben, habe ich auch über meine eigenen Diskriminierungserfahrungen erzählt. Manchmal ist es passiert, dass ich getriggert wurde durch das, was ich erzählt habe; dann kommt Wut hoch oder andere Gefühle. Das war am Anfang häufiger der Fall, aber nun passiert mir das weniger. Ich habe inzwischen andere Strategien von Selbstschutz und bediene den Voyeurismus nicht mehr.

 

Lisa: Wenn du in eine Institution gehst, wo die Leute sich kennen und miteinander schon Schwierigkeiten haben, und du merkst, du kommst in so einen aufgeladenen Raum rein, was machst du da? Hast du da Tipps oder Strategien?

 

Silvia: Das ist schwierig, manchmal weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll. Aber oft mache ich es mit Humor. Wenn die Stimmung sehr schwer ist, die Luft zum Schneiden dick, dann lockere ich die Stimmung mit Humor. Danach versuche ich wieder zurück auf eine ernste Schiene zu kommen. Aber das ist wirklich sehr situationsabhängig, das versuche ich flexibel und spontan zu machen. Das sind keine Strategien oder Witze oder Sätze, die ich mir vorher überlege, sondern aus dem Moment heraus. Manchmal sage ich vielleicht auch offen: «Hey, was braucht ihr eigentlich jetzt gerade, um euch wohlzufühlen?» Und dann sage ich auch: «Und ich bräuchte übrigens gerade dies und das, um mich wohlzufühlen.» Und dann können wir vielleicht, nachdem das dann angesprochen wurde, die restliche Zeit und den Raum besser zusammen nutzen.

 

Lisa: Ich habe dich in Workshops als sehr direkt erlebt, das zwingt die Leute auch, sich dazu zu verhalten. Wenn man ihnen direkt eine Frage stellt, dann müssen sie auch reagieren.

 

Silvia: Ja, die Strategie ist, die Leute selbst aktiv werden zu lassen und nicht damit davonkommen zu lassen, einfach dazusitzen und schön zu konsumieren, etwa so: «Schön, ich habe teilgenommen und damit ist meine Pflicht getan.» Und dann wieder zu gehen, in so einer passiven Art und Weise. Ich bin auf jeden Fall nicht der Typ dafür, die Leute leblos dasitzen zu lassen, ohne Reaktion. Rede ich mit Leuten oder gegen eine Wand? Ich brauche auf jeden Fall Interaktion und dann kann ich auch ganz anders kreativ oder aktiv werden und aus mir rauskommen. Aber natürlich hat es auch mit der hörenden Sozialisierung zu tun, dass sie vielleicht auch Berührungsängste haben, nichts Falsches sagen wollen und nicht wissen, wie sie mit mir umgehen sollen. Hörende Menschen sind so vorsichtig, dass ich es manchmal nicht fassen kann.

Für mich ist es wichtig, mich darauf einzustellen: Ich gebe jetzt einen Workshop, ich werde dafür bezahlt. Da versuche ich automatisch eine andere Haltung an den Tag zu legen, um mich auf Verletzungen oder «dumme» Fragen einzustellen. Wenn die Teilnehmenden in bestimmten Fantasien noch feststecken, kann es helfen, wenn ich ihnen antworte, denn dann lösen sich ihre Fantasien manchmal in Luft auf und sie kommen in ihrem Reflexionsprozess weiter. Es hilft mir selbst zu sagen: Ich komme hier nicht als Privatmensch Silvia, sondern ich werde hier beauftragt. Das ist eine professionelle Rolle und ich bekomme am Ende das Geld dafür. Es geht nicht darum, besonders distanziert zu sein, aber darum, eine innere Haltung aufzubauen, die mich gefestigt da rein gehen lässt.

 

Lisa: Wie machst du das, dich im Workshop selbst vor den Projektionen der anderen zu schützen? Wenn du etwa merkst, die fangen an persönliche Fragen zu stellen und projizieren Sachen auf dich und achten vielleicht gar nicht darauf, was du sagst, sondern sind sehr mit ihrer Fantasie beschäftigt? Hast du Strategien, wenn du merkst, es wird dir unangenehm?

 

Silvia: Auf Toilette gehen. Atmen. Oder auch Gruppenarbeit. Ich hatte auch mal eine Gruppe, da war eine unreflektierte, mehrfach privilegierte Person, und ich habe dem Menschen ansehen können, dass er gerade seine eigenen Bilder im Kopf hat, von denen er nicht loskommt. Ich habe das also ausgehalten und mir gesagt, naja okay, so ist es jetzt. Und eine andere Person, auch im gleichen Workshop, war super reflektiert und die hat es richtig wütend gemacht. Sie hat der Person ihre Meinung gesagt, das ist dann zwischen denen hochgekocht. Wir hatten uns danach kurz ausgetauscht und die Person, die eingegriffen hatte, meinte, sie könnte die mehrfach privilegierte Person dafür erwürgen. Das hat mir gutgetan. In der Situation hab‘ ich gedacht: Hierbleiben, und vor allem atmen.

 

Lisa: Hast du Strategien, wie du versuchst zu vermeiden, dass die Teilnehmenden von dir die ganze Zeit nur persönliche Geschichten hören wollen? Wie kann man etablieren, dass man sagt: Wir sind hier, um professionell über ein Thema zu reden und nicht um über mich zu reden?

 

Silvia: Ich habe manchmal am Anfang des Workshops gesagt, dass ich bestimmte übergriffige Fragen, Stereotype, nicht haben möchte. Das kommuniziere ich am Anfang klar. Und ich habe auch das Gefühl, dass viele Leute schon ziemlich genau wissen, was sie mich fragen können und was nicht. Ich glaube, dass Leute mir gegenüber oft schnell wissen, dass manche Dinge ein No-Go sind, weil ich das vielleicht auch ausstrahle. Aber ich glaube auch, dass das sehr individuell ist. Wichtig ist auch, vorher mit den Leuten, die einen beauftragen, in Kontakt zu gehen und ganz klar abzustecken, was sie von einem wollen und was die Vorstellungen und Wünsche sind. Ich denke dann: Okay, das ist ein Raum, wo ich auch ein bisschen was von mir als Person preisgeben kann, um es nicht zu theorielastig werden zu lassen. Manchmal habe ich dann auch die Energie, bin gut genug aufgestellt, um das machen zu können und dann ist es für mich auch in Ordnung. Manchmal kann ich auch selbst noch ein paar Dinge nachher dadurch verarbeiten, dass ich persönliche Erfahrungen teile.

Lisa: Also du machst es vom Raum abhängig?

 

Silvia: Ja, genau. Reinschnuppern in den Raum, ein Gefühl dafür kriegen. Es gibt zum Beispiel auch hörende, die offen dafür sind, mit Tauben Leuten zusammenzuarbeiten, und einem wirklich auf Augenhöhe begegnen. Meistens kann ich die Leute auch ganz gut erkennen darin. Es gibt auch Leute, die wollen das eher so nebenbei machen: «Mit einem Workshop haben wir das Thema Inklusion dann auch abgehakt.» Ich stelle dann bestimmte Fragen und bohre auch ein bisschen nach, um rauszufinden, was eigentlich die Motivation ist. Das kann zum Beispiel auch innerhalb von Gruppenarbeiten ganz gut vertieft werden. Also warum möchtest du mit Tauben Leuten in Kontakt sein, zusammenarbeiten? Warum möchtest du mit Menschen mit Rassismuserfahrungen zusammenarbeiten? Was ist wirklich dein Ziel? Worum geht es dir? Möchtest du dich gut fühlen und das nach außen präsentieren können oder worum geht es dir?

 

Lisa: Danke für das Gespräch!

 

 

Von Silvia Gegenfurtner

 

Silvia Gegenfurtner ist Sozialarbeiterin, lebt in Berlin und studiert Kritische Diversity und Community Studies. Silvia ist Taub, genderqueer und weiß. Sie* macht audismuskritische Workshops für die hörende Dominanzkultur, damit diese sich mit ihren hörenden Privilegien beschäftigt und irgendwann hoffentlich audismuskritisch tickt.