Empowerment-Kompass
Diskriminierung im Kulturbetrieb navigieren
1. Strukturwissen
Best Practice: Anträge schreiben
Erfolgreiche Anträge zu schreiben, kann man lernen. Kennst du jemanden, dessen Projekt gefördert wurde? Tausche dich darüber aus, wer das Projekt fördert, und frage, ob du den Projektantrag lesen kannst.
Feedback von Förderern
Dein Antrag wurde abgelehnt. Aber warum? Nicht immer sind inhaltliche Kriterien ausschlaggebend. Manchmal entscheiden Formfehler oder die Antragslage darüber, ob ein Projektantrag gefördert wird. Förderer müssen ihre Entscheidung transparent machen, wenn du sie um Feedback bittest. Diese Informationen können dir beim nächsten Antrag helfen.
“What else is out there?”
Welche Förderprogramme sind interessant, wenn du ein Kunstprojekt planst, das sich mit Fragen von dekolonialer Ästhetik beschäftigt? Wie lässt sich die nötige Recherchearbeit finanzieren, wenn du an marginalisierte künstlerische Praktiken anknüpfen möchtest? Verschaffe dir einen Überblick über die Förderlandschaft. Es gibt spartenspezifische und spartenübergreifende Fördertöpfe sowie Landes-, Bundes- und EU-Mittel. Eine erste Orientierung bietet der Kulturförderpunkt Berlin.
Spartenspezifische Beratung nutzen
Viele Sparten haben Interessensverbände, die Bedarfe und Forderungen an die Politik richten können. Gleichzeitig bieten diese Verbände häufig Beratung zu spartenspezifischer Förderung und zur Orientierung in der Berliner Kulturlandschaft an.
Know Your Rights: Vertragsrecht
Welche Rechte hast du als Urheber*in eines kreativen Werks? Wie werden Nutzungsrechte vergütet? Was ist bei Verträgen zu beachten? Wie kannst du dich als freie Künstler*in vertraglich gegen Diskriminierung schützen? Nutze Informationsangebote von Beratungsstellen und Fachverbänden, um dich über deine Rechte zu informieren.
Know Your Rights: Antidiskriminierung
Für Angestellte gibt es verschiedene Anlaufstellen, die beraten und unterstützen können, wie z.B. Personalrat und Gleichstellungsbeauftragte. Laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet, im Unternehmen die Gleichbehandlung der Mitarbeiter*innen zu gewährleisten. Um freie Künstler*innen im Rahmen eines Vertragsverhältnisses gegen Rassismus zu schützen, hat die Kanzlei Laaser die Anti-Rassismusklausel entwickelt. Unabhängig vom Arbeitsplatz gibt es in Berlin verschiedene Anti-Diskriminierungsstellen, wie z.B. ADNB, Gladt, LesMigraS. Für die Film- und Theaterbranche gibt es außerdem Themis, die Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt.
2. Handlungsspielraum & Grenzen
Kein Geld, aber…
Geld ist nicht die einzige Ressource, die du brauchst, um ein künstlerisches Projekt zu verwirklichen. Was sind deine Ressourcen und was kannst du damit machen (z.B. Zeit, ungewöhnliche Ideen, besonderes Wissen haben oder gut sein im Netzwerken, Organisieren, Unterstützen)? Frage auch andere, was du in ihren Augen besonders gut kannst. Vielleicht kannst du mit Künstler*innen, denen du vertraust, Ressourcen austauschen.
Selbst solidarisch sein
Damit der Kulturbetrieb solidarischer wird, ist es wichtig, auch darüber nachzudenken, wie du andere unterstützen kannst. Mit wem möchtest du dein Wissen teilen? Mit wem willst du dich solidarisieren?
Energie aufladen
Notiere dir Aktivitäten, die dir guttun. Achte darauf, auch Dinge aufzuschreiben, die nicht viel Zeit brauchen oder unkompliziert zu organisieren sind. Wenn du dich gestresst, überarbeitet oder ausgebrannt fühlst, dann mache etwas von deiner „Self-Care-Liste“.
Stop Signs wahrnehmen
An welchen Signalen erkennst du, dass eine Grenze bei dir erreicht ist? Schärfe deine Achtsamkeit dafür und kommuniziere Menschen, mit denen du zusammenarbeitest, deine Grenzen. Wenn es dir nicht leichtfällt, „Stop“ zu sagen, dann übe das Grenzen-Setzen erst in einem Umfeld, in dem du dich wohlfühlst und in weniger konflikthaften Situationen.
3. Zielsetzung
Visionen visualisieren
Hast du eine Vision? Wie stellst du dir dein nächstes künstlerisches Projekt vor? Indem du dein Vorhaben in Worte fasst oder bebilderst, machst du es greifbar: Wo sind Ungereimtheiten oder Herausforderungen? Was fehlt noch? Visualisierungsmethoden wie z.B. ein Vision Board oder ein Zeitstrahl helfen dir, verschiedene Ideen miteinander in Bezug zu setzen und den Überblick nicht zu verlieren.
Best Case/ Worst Case Szenario
Angenommen, dein Projekt läuft optimal: Woran würdest du das merken? Oder es läuft nicht so gut: Was würdest du erreichen? Weiter gedacht: Alles läuft großartig. Wo stehst du dann in 1/ 2/ 3 Jahren? Indem du Szenarien entwirfst, konkretisierst du dein Vorhaben und die mögliche Umsetzung.
Strategien ausbauen
Es gibt immer mehrere Wege, eine Idee umzusetzen. Wenn du in eine Sackgasse geraten bist, schau dich nach Alternativen um. Manchmal macht es Sinn, ein Stück zurückzugehen und einen neuen Weg auszuprobieren.
Step by Step: Von der Vision zur Praxis
Kleinteilig planen hilft, wenn deine Ressourcen knapp sind oder du nicht weißt, wo du anfangen sollst, um dein Ziel zu erreichen. Was sind deine nächsten Schritte? Was brauchst du dafür? Wenn du jeden Tag nur eine halbe Stunde Zeit hast, was kannst du in dieser halben Stunde entwickeln?
4. Netzwerken
Feedback, please!
Werden deine Kunstwerke rezensiert? Verstehen Kritiker*innen deine Referenzen? Falls nicht, lass dir (kritisches) Feedback von anderen marginalisierten Künstler*innen geben, damit du die Chance hast, dich künstlerisch weiterzuentwickeln.
Mapping von Akteur*innen
Wer arbeitet eigentlich in deinem Feld? Welche anderen Künstler*innen/Akteur*innen inspirieren dich? Welche angrenzenden Bereiche sind interessant? Wen könntest du um Rat fragen? Welche Austauschformate oder Netzwerkräume (online und offline) kennst du?
Anerkennung geben & Gruppen bilden
Netzwerken und Austausch beruhen auf Gegenseitigkeit und Respekt. Mache dir Gedanken darüber, wie du in deinen Werken Referenzpunkte zu anderen Künstler*innen sichtbar machen kannst. Hinterfrage Konkurrenzmechanismen im Kulturbetrieb und überlege, was du in einem Team beitragen kannst.
Mentor*innen suchen & Mentor*in werden
Du musst das Rad nicht neu erfinden. Wen kennst du, der*die weiter ist als du? Welche Stationen haben sie durchlaufen? Welche Strategien haben sie genutzt? Wie kannst du die Tür offenhalten und andere einen Schritt weiterbringen?
5. Ins Zentrum setzen
Address the margin
Für wen machst du deine Kunst? Wie sähe sie aus, wenn du nichts erklären müsstest? Was für Kunst würdest du machen, wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse anders wären? Wie kannst du deine Kunst für deine Community und andere marginalisierte Communitys zugänglich machen?
Spuren suchen & Verweise schaffen
Welche marginalisierten Künstler*innen bzw. soziale/ künstlerische Bewegungen gab es vor dir? Was kannst du von ihnen lernen? Was gefällt dir an ihrer Kunst? Wo kannst du dich auf sie beziehen?
Lebendiges Archiv
Dokumentiere deine Strategien, eure Netzwerkarbeit und besondere Veranstaltungen! Es tut gut zu sehen, welche Kooperationen und Kontinuitäten es gibt, für dich selbst und für andere, die parallel arbeiten oder nach dir kommen.