Researching Inequalities and Normativities in the Field of Higher Art Education

Art.School.Differences ist ein Forschungsprojekt, das Aufnahmeverfahren und Zulassungspolitiken an drei Schweizer Kunsthochschulen – Haute école d’art et de design Genève, Haute école de musique Genève und Zürcher Hochschule der Künste – untersucht hat. Ziel des Projekts war es, die Strukturen der beteiligten Kunsthochschulen zu erforschen und zu einer Öffnung der Institutionen beizutragen.

 

Einige Ergebnisse des Forschungsprojektes:

Aufnahmeverfahren als Auswahl der Auserwählten

  • Gymnasialabschluss ist Standard bei den Studierenden an Kunsthochschulen: Absolvent*innen des Gymnasiums haben gegenüber Kandidat*innen mit anderen Bildungsbiographien bessere Chancen auf eine Studienzulassung.
  • Die Zulassungspolitiken der Hochschulen verfestigen geschlechterspezifische Zuschreibungen: In bestimmten Studiengängen werden Männer bevorzugt aufgenommen, in anderen Frauen.
  • Kunsthochschulen ermöglichen keinen sozialen Aufstieg, sondern (re)produzieren Ausschlüsse, indem sie in angenommene und abgelehnte Kandidat*innen und somit förderwürdige und nicht förderwürdige Kunstpraktiken unterscheiden.

 

Aufnahmeverfahren als kontinuierlicher Prozess

  • Kandidat*innen müssen hohe Kosten für Vorkurse, Propädeutika, privaten Unterricht in Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung aufbringen
  • Aufnahmeverfahren zeichnen sich durch Offenheit und unbestimmte Erwartungen aus und erfordern eine Decodierung. Diese Decodierung gelingt denjenigen besser, die über „hot knowledge“ verfügen, also über Wissen, das informell weitergegeben wird. Dafür brauchen die Kandidat*innen Kontakte zu Lehrenden und Studierenden sowie einen feldspezifischen Habitus.

 

Vorauswahl und Cooling-out

  • In Disziplinen, in denen die Nachfrage höher ist als die Zahl der Studienplätze, findet ein „Cooling-out“ vermeintlich nicht geeigneter Kandidat*innen durch „weiche Prüfungsverfahren“ wie Informationsveranstaltungen, Motivationsgespräche, Vorkurse oder Praktika statt.

 

Kontinuierliche Auswahl und Wettbewerbsverhältnisse nach Aufnahme

  • Der exklusive Charakter der Kunsthochschulen besteht auch nach der Aufnahmeprüfung weiter. Er äußert sich als Leistungsdruck und kontinuierliches Wettbewerbsverhältnis, die mit der Realität des Arbeitsmarktes begründet werden. Stressresistenz, körperliche Leistungsfähigkeit und psychische Belastbarkeit werden deswegen zu einem wichtigen Kriterium für Erfolg.

 

Linearität der Bildungsverläufe vs. Pluralität der Migrationsgesellschaften

  • Seit Mitte der 2000er Jahre ist eine „Verdrängung“ von in der Schweiz lebenden Migrant*innen der 1. und 2. Generation aus den Institutionen der höheren Kunst- und Designausbildung zu beobachten. Dies gilt nicht nur für die untersuchten Hochschulen, sondern für die Gesamtheit der Schweizer Kunsthochschulen. Im Falle der ZHdK setzt die Entwicklung zu einem Zeitpunkt ein, an dem unter anderem die Kursgebühren für das Propädeutikum massiv erhöht werden.