Queer
[kwɪr]
Queer
ist ein Sammelbegriff für Personen, deren geschlechtliche Identität (wer sie in Bezug auf Geschlecht sind) und/oder sexuelle Orientierung (wen sie begehren oder wie sie lieben) nicht der zweigeschlechtlichen, cis-geschlechtlichen und/oder heterosexuellen Norm entspricht.
Queer wird auch verwendet, um Bewegungen und Dinge zu bezeichnen, die mit queeren Menschen in Verbindung stehen, wie zum Beispiel die queere Szene, Queer Studies oder queere Filmfestivals.
Der Begriff kommt aus dem Englischen und bezeichnet zunächst Dinge oder Personen, die meist im negativen Sinn von der Norm abweichen. Er lässt sich mit „seltsam“, „eigenartig“ oder „sonderbar“ übersetzen. Er wurde benutzt, um abwertend insbesondere über Homosexuelle aber auch andere Personen zu sprechen, deren geschlechtliche Identität und/oder sexuelle Orientierung nicht der Norm entspricht. Im Zuge der Aids-Bewegung1 gelang es der queeren Community jedoch, sich den Begriff wieder anzueignen, ihn damit aufzuwerten und für sich zu nutzen, sodass für viele Menschen queer heute ein positiver Begriff ist und sie sich gerne queer nennen. Als Sammelbegriff ist das Wort sehr offen und bietet vielen Menschen ein Identifikationsangebot.
Wie bei allen Selbstbezeichnungen möchten sich aber nicht alle Personen, deren geschlechtliche Identität und/oder sexuelle Orientierung nicht der zweigeschlechtlichen, cis-geschlechtlichen oder heterosexuellen Norm entspricht, mit dem Begriff identifizieren. Manche finden andere Begriffe wie zum Beispiel schwul, lesbisch, trans* oder nicht-binär für sich besser. Sie haben Bedenken in der großen queeren Community an Sichtbarkeit zu verlieren. Manchen gefällt auch der politische Zusammenhang nicht, in dem queer verwendet wird. Außerdem wird das Wort queer immer noch sowohl als Schimpfwort als auch als Selbstbezeichnung verwendet.
Queer im Kulturbetrieb
Eine Initiative, die sich für mehr Repräsentation queerer Perspektiven im Kulturbetrieb einsetzt, ist das Netzwerk Museen Queeren. Auch das Schwule Museum zeigt queere Perspektiven in seinen Ausstellungen.
Die Queer Media Society setzt sich für mehr queere Themen und Akteur*innen in den Medien (Film, Literatur etc.) ein.
Links & Literatur
- Judith Butler: Bodies That Matter: On the Discursive Limits of Sex (1993) – hier insbesondere Kapitel 8 „Critically Queer“, in dem Butler sich kritisch mit der Verwendung des Begriffs „queer“ als Selbstbezeichnung auseinandersetzt: „If the term 'queer' is to be a site of collective contestation, the point of departure for a set of historical reflections and futural imaginings, it will have to remain that which is, in the present, never fully owned, but always and only redeployed, twisted, queered from a prior usage and in the direction of urgent and expanding political purposes.“
- Jack Halberstam: In a Queer Time and Place: Transgender Bodies, Subcultural Lives (2005) – hier insbesondere Kapitel 1 „Queer Temporality and Postmodern Geographies“, in dem Halberstam vorschlägt, Queerness nicht als Identitätskategorie zu denken, sondern als abweichende politische Praxis bzw. Lebensweise: „If we try to think about queerness as an outcome of strange temporalities, imaginative life schedules, and eccentric economic practices, we detach queerness from sexual identity and come closer to understanding Foucault’s comment in ‘Friendship as a Way of Life’ that ‘homosexuality threatens people as a ‘way of life’ rather than as a way of having sex’.“
- Rosa Luxemburg Stiftung (Hrsg.): Was heißt ‚queer‘ heute? In dem Video erklärt Queerforscher*in und Mitarbeiter*in der Schwulenberatung Berlin Atlanta Ina Beyer woher der Begriff ‚queer‘ kommt und welches Potential er für intersektionale Bündnispolitik hat.
- 1AIDS-Bewegung meint die politische Bewegung in den 1980er Jahren, die sich gegen die Ausgrenzung und Abwertung von HIV-positiven Menschen richtete.